In China fand kürzlich die Beijing Auto Show 2024 statt. Wie immer gab es auch an dieser Auto-Show viel Zukunftsmusik zu sehen. Visionen und Träume, umgemünzt in Prototypen und Modelle. Aber dennoch lässt diese Show europäische Auto-Hersteller etwas zurückgeblieben aussehen.

Was viele nicht wissen, in China gibt es viele Auto-Hersteller, die man hier häufig nicht kennt. Inzwischen sind einige Marken auch bei uns angekommen wie BYD, NIO, Geely (Polestar) oder Great Wall Motors (GWM), darüber hinaus gibt noch viele, bis dato uns unbekannt Marken wie Dongfeng, Guangzhou, Chongquing Changan, BAIC oder SAIC. Und dabei gehört beispielsweise SAIC mit über 120 Milliarden US-Dollar Umsatz zu den zehn grössten Auto-Herstellern der Welt.

An der Beijing Auto Show war vorwiegend die Überlegenheit im Hinblick auf die Digitalisierung zu erkennen. Funktionierende Sprach-Interfaces, die Unterstützung von künstlicher Intelligenz und beeindruckende Entertainment-Systeme sind nur einige Punkte. Was auch immer wieder beeindruckt, wie viele Features bereits in der Grundausstattung in die Autos gepackt wurden, während man bei europäischen Fahrzeugen gefühlt sogar die Blinker-Funktion mühsam in einem Konfigurator mit zusätzlichen Kosten dazu buchen muss. Ein beeindruckendes Beispiel dazu ist das erste Auto aus dem Hause Xiaomi, der SU7.

Xiaomi SU7, wie ein Porsche Taycan, kostet aber nur ein Bruchteil davon

Sieht aus wie ein Porsche Taycan, aber mit wesentlich mehr Features, ein Drittel mehr Reichweite und zu einem fünftel des Preises. Und wer jetzt «aber das Spaltmass» einwerfen möchte, den muss ich enttäuschen. In den vergangenen Tagen konnten dank der Beijing Auto Show auch deutsche Journalistinnen und Journalisten die Fahrzeuge hautnah erleben und auch Probefahrten mitmachen. Wie Christina Kunkel und Florian Müller, von der Süddeutsche Zeitung, welche Folgendes als Fazit berichteten:

Auf den Straßen außerhalb des Testgeländes merkt man, dass der Federungskomfort besser sein könnte, doch insgesamt kann der Wagen vieles mindestens genauso gut wie die deutsche Konkurrenz, manches sogar besser - für einen deutlich niedrigeren Preis.

Und dabei ist der SU7 von Xiaomi kein Ausnahme-Modell. Insbesondere im Bereich der Elektromobilität ist China den europäischen Autobauer weit voraus. Bessere Technologie, mehr Reichweite und das Auto-Entertainmentsystem kann besser personalisiert und individualisiert werden, dank der tiefen Verbundenheit zwischen dem Smartphone und dem Auto. Was für einige lächerlich klingen mag, wird für die zukünftige Generation von Autokäuferinnen und Autokäufer wichtig. Denn das halbe Leben ist auf dem Smartphone abgespeichert: Fotos, Musik, Kontakte, Zahlungsmittel, Kommunikation, Agenda, bis zum persönlichen AI-Assistenten.

Bestnote im Euro-NCAP-Crashtest für chinesische Elektroautos

Und auch andere chinesische Modelle müssen sich nicht hinter den Europäischen verstecken. So hat kürzlich der ADAC diverse chinesische Elektroautos getestet und festgestellt, dass die Verarbeitung hervorragend ist und die meisten Modelle sogar die Bestnote im Euro-NCAP-Crashtest eingefahren haben.

Überproduktion und Subventionen in China

Es ist ein offenes Geheimnis, dass China die inländische Auto-Industrie, inklusive Tesla-Werk in China, mit Subventionen und anderen Vergünstigungen überhäuft. Da der Absatz in China aber wegen der schwächelnden Wirtschaft nicht ganz so aufgeht wie geplant, wirft man nun der Blick über die Landesgrenzen und subventioniert stark weiter, trotz der offensichtlichen Überproduktion. BYD ist dieses Jahr Hauptsponsor der Fussball-Europameisterschaft 2024, bringt bereits erste Schiffsladungen von Fahrzeugen nach Europa und baut fleissig am Händlernetzwerk in Europa und auch der Schweiz. Somit dürfte dann auch das letzte Problem der chinesischen Autoindustrie Stück für Stück wegfallen, wenn das Händlernetzwerk ausgebaut werden kann, sodass Probefahrten und Garagisten wie auch Ersatzteile in unmittelbarer Nähe sind.

Alles schon mal erlebt mit der Solarindustrie?

Wenn man hört, dass die chinesische Autoindustrie mit staatlichen Subventionen bei Produktion und Verkauf überhäuft werden, da muss ich unweigerlich an die Solarindustrie denken. In knapp 10 Jahren hat es China damals geschafft, alle Mitbewerber ausserhalb von China wirtschaftlich zugrunde gehen zulassen, in dem der Markt mit staatlich subventionierten Solar-Panels geflutet wurde. Erst kürzlich hat sich Deutschland dazu entschieden, nicht in den von China beherrschten Markt einzugreifen und damit dem Unternehmen Meyer-Burger die Entscheidung abgenommen, die Produktion von Solar-Panels von der EU in die USA zu verlegen.

Bleibt die Frage, wiederholt sich die Geschichte mit der Autoindustrie? Höchstwahrscheinlich wird hier Europa, und ganz besonders Deutschland, tief in die Subventionskassen greifen und Strafzölle hochfahren müssen. Wobei Strafzölle dann auch in die andere Richtung folgen könnten, was wiederum schmerzhaft für die deutsche Automobil-Branche sein dürfte.

Wichtiger als Strafzölle und Subventionen dürfte aber sein, dass die europäischen Länder Bürokratie und Regulierung abbauen, um mit mehr Innovationen und eigenen Produktionen gegen die chinesischen Elektroautos punkten zu können. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass man die Konkurrenz aus China einfach gewähren lässt und man ähnliche Schutzmechanismen wie in den USA auffahren wird. Am Ende wird die gesamte Autoindustrie weltweit am Tropf der staatlichen Subventionen hängen.